Die Geschichte des Pfingstrittes
Aus diversen mündlichen Überlieferungen und speziell aus den schriftlichen Aufzeichnungen von Ernst Meier lässt sich der Wurmlinger Pfingstritt, mindestens bis ins Jahr 1852 zurückführen, ähnlich wie er auch heute noch stattfindet. Vermutlich existiert dieser Brauchtum jedoch schon länger. Im Gegensatz zu den meisten anderen in Deutschland stattfindenden Pfingsttraditionen, ist der Wurmlinger Pfingstritt eine der ältesten, lebendigen Dorftraditionen. Er fand immer alle zwei Jahre, mit Unterbrechung des ersten Weltkrieges und des zweiten Weltkrieges von 1938 bis 1949, statt. Der Pfingstritt in Wurmlingen ist einer der wenigen Traditionen, die kaum verändert wurde. Eine Überlieferung vom 28. Mai 1858 nach Dr. Anton Birlinger aus "Württembergischer Staatsanzeiger" beschreibt den Pfingstritt wie folgt:
"Im benachbarten Wurmlingen sah ich am letzten Pfingstmontag eine eigentümliche Festlichkeit: "Das Pfingstdreckreiten". Eine Anzahl junger Burschen begab sich zu Pferd nach dem Mittagsgottesdienst in den oberen Wald. Einer der Burschen ward dick in Laubwerk und Reiser eingebunden, oben auf dem Kopfe hatte er eine prächtige Krone von allerlei Blühten. Etwa nach einer halben Stunde erschien der erste Reiter und meldete die Ankunft der anderen.
Die Gruppe kehrte mit Musik und Gesang ins Dorf zurück. Sie versammelten sich auf einem größeren freien Platz auf dem zuvor der Platzmeister mit gezogenem Säbel die Menge zurück drängte und den Sammelplatz etwa sechs mal um ritt. Es folgten die Sprüche und Verse der einzelnen Figuren.
Nach dem Spruch des Henkers wurde dem Pfingstbutz der falsche Kopf abgeschlagen und damals in einen Sack gesteckt. Daraufhin begann der Wettritt um den begehrten Maien. Dieser wurde etwa drei bis vier büchsenschussweit vom Sammelplatz dicht an die Straße in die Erde gesteckt. Nur so tief, dass er nicht umfallen konnte. Alle Pfingstreiter stellten sich mit ihren Pferden in einer Linie auf und jagten auf das Kommando "Marsch" im gestreckten Galopp auf den Maien zu. Wer zuerst am Maien vorbei jagte und diesen aus dem Boden reißen konnte, hatte den Maien mit samt seinen Bändern gewonnen. Nicht selten geschah dies erst durch den dritten oder vierten Reiter.
Der Zug ordnete sich und ging mit dem Pfingstdreck die Laiber herauf der Mindlache (Mönchlache) zu. Vor der Zehntscheuer stellten die Reiter eine Front her und das Sprechen begann. Ein jeder wusste einen gewissen Spruch, der ganz nach alten Zeiten roch.
Der letzte Sprecher war der Scharfrichter, dessen Vers mit dem Köpfen des Pfingstdrecks schloss, der, seiner Krone bar, herabstürzte. Der Anführer las hierauf nach eigenen Heften alle möglichen Neckereien für die Mädchen ab: Alles, was sich die Wurmlinger Jungfern zu Schulden kommen ließen das Jahr über, konnte man hören... . So bald das Verlesen aus war ging es auf die Höhe, Jesingen zu gelegen. Dort wurde der Maien aufgesteckt und um die Wette geritten. Der Sieger wurde von allen Wurmlingern und Fremden erwartet. Der Preis war ein Lämmlein mit Nastüchern behangen."
Mit dieser Überlieferung von 1858 wurde zum ersten Mal die noch heute traditionelle Pfingstpredigt erwähnt. Heute noch ist die Pfingstpredigt die Verulkung örtlicher Geschehnisse seit dem letzten Pfingstritt.